Die Hercules-Grafikkarte (Hercules Graphics Card, kurz HGC) von 1982 ist eine seltsame frühe PC-Grafikkarte von Hercules. Obwohl sie aus heutiger Sicht geradezu absurd wirkt und nicht einmal Farbe bietet, war sie zu frühen PC-Zeiten recht populär. Auch ich habe in meiner Jugend viele schöne Stunden vor meinem Bernstein-Monitor mit Hercules-Grafik verbracht. Da es nur wenig Beschreibungen dieser Karte im deutschsprachigen Netz gibt, habe ich mich entschlossen, diese ungewöhnliche Grafikkarte mal etwas näher vorzustellen.
Zunächst einmal zum historischen Hintergrund: Bei den ersten 1981 erschienenen IBM PCs hatte der Benutzer die Wahl zwischen zwei Grafikkarten: MDA und CGA.
Die preiswerte MDA-Grafikkarte (Monochrome Display Adapter) konnte 80x25 Textzeichen in einer guten Auflösung (9x14 Pixel pro Zeichen) anzeigen -- zwar nur monochrom, dafür aber auch unterstrichen, intensiv oder invertiert. Einen Grafikmodus gab es hier nicht, nur Text -- wobei man mit den Grafikzeichen auch einfache Strich- oder Blockgrafiken erzeugen konnte.
Die teurere CGA-Karte (Color Graphics Adapter) besaß zwar eine wesentlich schlechtere Textdarstellung als MDA (8x8 Pixel pro Zeichen), dafür gab es im Textmodus aber 16 Farben. Und sie bot zwei Grafikmodi: Einen monochromen 640x200-Modus sowie einen 320x200 Modus mit 4 Farben, wobei aus zwei Paletten gewählt werden konnte, eine hässlicher als die andere. Daneben konnte man durch Programmiertricks (durch Blockzeichen im Textmodus) aber auch einen Pseudo-Grafikmodus mit 160x100 Pixeln in 16 Farben erhalten. Andere Programmiertricks (der sogenannte "Composite Mode") erlaubten mehr Farben im 320x200-Farbmodus.
Beide Karten waren nicht optimal: Die MDA-Karte unterstützte gar keine Grafik, CGA war teuer und hatte nur eine primitive Auflösung (und unglaublich hässliche Farben). Daher dachten sich die Leute von Hercules, warum bauen wir nicht eine Grafikkarte, die dieselbe Auflösung wie die MDA-Karte hat, aber auch einen Grafikmodus ermöglicht? Und so kam es zur Hercules-Grafikkarte. Diese bietet genau dieselben guten Texteigenschaften der MDA-Karte, dafür aber einen monochronen Grafikmodus mit der etwas seltsam anmutenden Auflösung von 720x348 Pixel, und sie war preiswert.
In erster Linie war die HGC-Karte nicht für Spiele, sondern für Büroanwendungen und Diagramme gedacht. Zwar gab es nur ein Schwarz-Weiß-Bild (bzw. je nach Monitor Schwarz-Grün oder Schwarz-Bernstein), doch durch die hohe Auflösung konnte man im Grafikmodus durch Pixelmuster auch mehrere Schattierungen erreichen -- wenn man sich also mit einer Darstellung in Grautönen abfinden konnte, war die Grafik schon recht passabel. Allerdings erschwerte die seltsame Auflösung den Entwicklern die Produktion von Spielen, die Hercules-Grafik unterstützen, weshalb viele Hersteller die Hercules-Karte ignorierten. Einer der wenigen Hersteller, die konsequent die Hercules-Grafikkarte unterstützten, war Sierra On-Line, die ebenfalls Pixelmuster zur "Simulation" von Farben verwendeten.
Damit aber die armen Hercules-Nutzer auch in den Genuss von CGA-Spielen kamen, gab es schon bald sogenannte CGA-Emulatoren. Das waren speicherresidente Tools, die dem Spiel eine CGA-Grafikkarte vorgaukelten und die CGA-Grafik dann in Hercules-Grafik umrechneten. Diese Darstellung war zwar meist miserabel, aber so konnte man wenigstens auch die anderen Spiele daddeln.
Hier mal ein Vergleich zwischen den Darstellungen von EGA, CGA und Hercules anhand derselben Szene (Spielbeginn bei King's Quest I) auf den verschiedenen Grafikkarten. Erstellt wurden die Screenshots mit DOSBox, ein Klick auf die Bilder liefert eine vergrößerte Darstellung.
EGA / PCjr / Tandy 1000:
So sieht das Spiel im besten Fall aus -- State of the Art Mitte der 1980er auf dem PC!
CGA (RGB-Modus):
Hässlich, nicht? Dabei wird hier noch die "schönere" Palette verwendet, die andere beleidigt das Auge mit einer ätzenden Kombination aus schwarz, weiß, cyan und pink. (Der Screenshot zeigt eine etwas andere Spielsituation, hier die ältere 1984er-Version von KQ1 verwendet wurde; nur hier konnte man zwischen RGB- und Composite-Modus wählen, die 1987er-Version verwendet immer letzteren).
CGA (Composite-Modus):
Diese kommt der 16-Farb-Version schon näher, nur sind die Farben nicht ganz so klar, sondern ein wenig verwaschen. Auch die Pixelübergänge z.B. bei schwarz-weißem Text wiesen störende farbige Artefakte aus. Dieser Modus ist das Beste, was man aus der CGA-Karte rausholen konnte, wurde jedoch nur von wenigen Herstellern unterstützt.
Hercules (mit Bernstein-Monitor):
Hier endlich die Hercules-Darstellung. Die Vergrößerung zeigt die Pixelmuster besser, mit denen die 16 verschiedenen Schattierungen erzeugt werden. Der schwarze Balken links und rechts stammt daher, dass Sierra nur 640 der 720 möglichen horizontalen Pixeln für die Darstellung verwendet. Der Screenshot wurde ebenfalls per DOSBox erzeugt, allerdings habe ich per Bildbearbeitung Bildformat und Farbe der originalen Darstellung auf einem Bernsteinmonitor ungefähr angepasst.
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